Bernard de Clairvaux (auch Heiliger Bernhard genannt; *1091 in Fontaine-lès-Dijon, † 21. August 1153 in Clairvaux) war ein Mönch, Mystiker und Kirchenpolitiker von herausragendem Einfluss. Er wurde in eine adlige Familie in der Region Burgund geboren.

Am 18. Mai 1113 trat Bernard in das Zisterzienserkloster Cîteaux ein. Dort begann er sofort, das klösterliche Leben nach den Idealen von Strenge, Einfachheit und Abgeschiedenheit neu zu beleben.

Zu jener Zeit war der Zisterzienserorden noch wenig bekannt. Doch durch Bernhards Charisma und geistige Autorität wurde er in den kommenden Jahrzehnten zu einer der wichtigsten spirituellen und politischen Kräfte der katholischen Kirche.

Bereits 1115 gründete Bernard das berühmte Kloster Clairvaux in Burgund, dessen Abt er bis zu seinem Tod blieb – fast vierzig Jahre lang. Von dort aus leitete er die Gründung von 68 Tochterklöstern in ganz Europa.

Bernard war auch ein früher Unterstützer des Templerordens. 1128 setzte er sich erfolgreich für dessen offizielle Anerkennung ein. Seine Schriften prägten das geistige Selbstverständnis der Templer maßgeblich.

Politisch trat Bernard erstmals 1130 in Erscheinung, als es zur Doppelwahl zweier Päpste kam: Anaclet II. und Innozenz II. Er stellte sich entschieden auf die Seite Innozenz’ und trug wesentlich zu dessen Anerkennung bei. 1140 erreichte Bernard auf dem Konzil von Sens die Verurteilung des Theologen Abaelard, dessen rationalistische Ansichten er scharf ablehnte. 1145 wurde mit Eugen III. ein Schüler Bernhards Papst – ein Zeichen seines gewaltigen Einflusses.

Der Zweite Kreuzzug und die Auseinandersetzung mit Raoul

Bernard wurde zum Hauptprediger des Zweiten Kreuzzugs (1147–1149). Mit leidenschaftlichen Reden gewann er breite Unterstützung in Frankreich und im Reich. Über seine Wirkung sagte er selbst:

Ich öffnete meinen Mund, ich sprach – und sogleich wuchs die Zahl der Kreuzfahrer ins Unermessliche. Dörfer und Städte waren wie leergefegt. Kaum ein Mann blieb zurück bei sieben Frauen.

Doch Bernhard war nicht der einzige, der zur Waffe rief. Im Rheinland predigte ein selbsternannter Einsiedler namens Raoul, der sich ebenfalls als Zisterzienser ausgab. Er rief nicht nur zum Kreuzzug gegen die Muslime auf, sondern hetzte auch gegen die jüdische Bevölkerung des Rheintals. Er behauptete, Briefe vom Erzengel Gabriel empfangen zu haben, und verkündete apokalyptische Prophezeiungen.

Er rief zur „Reinigung der Welt“ auf und forderte Vergeltung an „den Feinden unter uns“ – womit er die jüdische Bevölkerung meinte.

Bernard greift ein

Die Pogrome, die Raoul auslöste, riefen den Mainzer Erzbischof auf den Plan. Er bat Bernard, einzugreifen. Dieser reagierte umgehend und entschieden.

Er schrieb:

Wenn er meint, allein weil er Mönch oder Einsiedler sei, habe er den Auftrag zu predigen, so sei ihm gesagt: Die Aufgabe eines Mönchs ist nicht das Lehren, sondern das Weinen!

Bernard verurteilte Raoul öffentlich – nicht nur wegen seines Machtanspruchs, sondern auch wegen der Morde an Juden, die, so Bernard, „nicht von Gott, sondern vom Dämon inspiriert“ seien – dem Vater der Lüge und Mörder von Anfang an.

In einem Brief an die Gläubigen von Speyer betonte er:

Warum richtet ihr euren Eifer gegen die Juden? Sie sind das lebendige Abbild des Leidens Christi. Darum dürfen wir sie weder verfolgen noch vertreiben. Das Schwert ist nicht gegen sie zu richten, sondern gegen die Heiden.

Als seine Mahnschreiben keine Wirkung zeigten, reiste Bernard Ende 1146 persönlich nach Flandern, Lothringen und ins Rheinland. Obwohl er kein Deutsch sprach, war sein Einfluss gewaltig. Er brachte Raoul zum Schweigen und beendete die Massaker.

Die Erinnerung jüdischer Quellen

Jüdische Chroniken jener Zeit loben Bernard mit ungewöhnlicher Wärme. In einem hebräischen Text heißt es:

Der Herr war den Juden gnädig. Er sandte den Heiligen Bernard de Clairvaux, der zu den Kreuzfahrern sprach: ‘Geht nach Zion, zum Grab unseres Erlösers – aber lasst die Juden in Frieden! Wer sie angreift, greift das Auge Christi an, denn sie sind Sein Fleisch und Seine Knochen.’“

Die Kreuzzugsmystik Bernhards

Trotz seines Einsatzes gegen Gewalt an Juden war Bernard keineswegs ein Pazifist. Er glaubte an den „heiligen Krieg“ gegen die Sarazenen – nicht zur Bekehrung, sondern zur Verteidigung des Glaubens.

In seinen Predigten verband er asketische Mystik mit der Idee des bewaffneten Glaubensdienstes. Diese Synthese prägte das mittelalterliche Denken über Kreuzzüge entscheidend – nicht zuletzt auch den geistlichen Hintergrund des Templerordens.